Seit Jahren nimmt in Deutschland der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel zu. Arbeitgeber setzen seit Jahren verstärkt auf das Thema Employer Branding und nutzen immer mehr Arbeitgebersiegel wie „Top Arbeitgeber„. Die Anzahl solcher Arbeitgebersiegel hat in den letzten Jahren stark zugenommen und viele Arbeitgeber haben den Überblick verloren. Die Ergebnisse einer repräsentativen Studie verraten mehr zu den Hintergründen und zur Wirkung von Arbeitgebersiegeln und wie diese helfen, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.
PhDr. Oliver Scharfenberg untersuchte insgesamt über 60 verschiedene Arbeitgebersiegel nach verschiedenen Kriterien mit überraschenden Ergebnissen. Die Studie untersuchte Arbeitgebersiegel aus verschiedenen Perspektiven, nämlich aus der Sicht von Bewerbenden, Arbeitgebern und Arbeitnehmenden. Nur diese Herangehensweise sichert eine umfassende Betrachtung von Arbeitgebersiegeln, denn die unterschiedlichen Personengruppen haben ganz unterschiedliche Anforderungen an ein Arbeitgebersiegel.
Der Studienautor PhDr. Oliver Scharfenberg sagt dazu: „Die Ergebnisse der Studie zeigen, die Anforderungen der entsprechenden Personengruppen sind ganz unterschiedlich und bisherige Untersuchen haben die individuellen Anforderungen der jeweiligen Personengruppen nicht umfassend berücksichtigt. Arbeitgebende möchten ein Arbeitgebersiegel, welches wirksam ist und zu mehr Bewerbungen führt, die Arbeitnehmenden möchten einen Beitrag zur Verbesserung des eigenen Arbeitsumfeldes leisten und Bewerbende wünschen eine unabhängige Einschätzung des Arbeitgebenden zu erhalten. Diese Perspektiven muss man jeweils individuell betrachten, da diese alle für sich ganz unterschiedlich sind. Genau dies habe ich im Rahmen der Studie gemacht.

Arbeitgebersiegel und deren Wirkung
Außerdem wurde in der Studie die rechtliche Komponente von Arbeitgebersiegeln betrachtet. Die Untersuchung zeigt aus Sicht des Autors ganz wesentliche Defizite bei zahlreichen Arbeitgebersiegeln in Deutschland. So könne bei so manchem Arbeitgebersiegel der Eindruck erweckt werden, es würde auf einer neutralen und sachgerechten Prüfung beruhen, obwohl dies womöglich gar nicht der Fall ist. Genau diese Formulierung der „neutralen und sachgerechten Prüfung“ wurde schon öfters von Gerichten, wenn diese geschäftliche Handlung im Zusammenhang mit Gütesiegeln als irreführend bezeichnen.
Die Studie liefert den Lesern eine Checkliste zur Bewertung von Arbeitgebersiegeln, um eine erste Einschätzung von Arbeitgebersiegeln vornehmen zu können, ersetzt aber keine Prüfung des Einzelfalls.

Arbeitgebersiegel: Top Arbeitgeber
An der Studie haben sich insgesamt 1093 Personen mit einer bevölkerungsrepräsentativen Altersverteilung in zwei verschiedenen Gruppen beteiligt. Der ersten Gruppe von 548 teilnehmenden Personen wurde eine Stellenanzeige ohne das Arbeitgebersiegel angezeigt, der zweiten Gruppe die identische Stellenanzeige mit dem Arbeitgebersiegel „Top Arbeitgeber“. Die Fragestellung lautete unter anderem: „Stellen Sie sich vor, Sie sind IT-Experte. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie sich als IT-Experte bei dem Unternehmen bewerben würden?“ Die Probanden konnten die Fragen von 0 (nein/ sehr unwahrscheinlich) bis 10 (ja/ sehr wahrscheinlich) bewerten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Attraktivität des Arbeitgebers unterschiedlich bewertet wurde.
Ohne ein Arbeitgebersiegel in einer Stellenanzeige
- Nein, sehr unwahrscheinlich / unwahrscheinlich (0-3): 17,88%
- Unentschieden (4-7): 44,16%
- Ja, sehr wahrscheinlich / wahrscheinlich (8-10): 37,96%
Mit dem Arbeitgebersiegel „Top Arbeitgeber“ in einer Stellenanzeige
- Nein, sehr unwahrscheinlich / unwahrscheinlich (0-3): 6,04%
- Unentschieden (4-7): 40,01%
- Ja, sehr wahrscheinlich / wahrscheinlich (8-10): 53,95%
Für die Mehrheit von 53,95% der Befragten ist es sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich, dass man sich beim Arbeitgeber bewerben würde, wenn in der Anzeige die Ausschreibung „Top Arbeitgeber“ verwendet wird. Dies zeigt, dass das Arbeitgebersiegel „Top Arbeitgeber“ eine positive Wirkung auf die Bewerbungswahrscheinlichkeit im Rahmen dieses Experimentes hat. Im oberen Bereich ist die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung um 15,99% gestiegen. Dies deutet darauf hin, dass das Arbeitgebersiegel eine signifikante Rolle bei der Verbesserung der Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber spielt.
Insgesamt bestätigt die Studie die Wirksamkeit von Arbeitgebersiegeln, da diese einen signifikanten Einfluss auf das Bewerberverhalten und die subjektiv wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität haben. Sie dienen als wichtige Qualitätssignale, die Informationsasymmetrien abbauen und potenziellen Bewerbern eine Orientierungshilfe bieten. Die Präsenz eines Arbeitgebersiegels in Stellenanzeigen kann die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung deutlich erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Bewerbungen verbessern. Um diesen positiven Einfluss zu maximieren, ist es jedoch entscheidend, dass die Vergabekriterien und die Methodik der Siegelvergabe transparent und nachvollziehbar sind, um das Vertrauen der Bewerber zu gewinnen und zu erhalten.
Der Studienautor PhDr. Oliver Scharfenberg gibt Arbeitgebenden folgende Tipps zur Nutzung von Arbeitgebersiegeln:
„Um die positiven Effekte eines Arbeitgebersiegels vollständig auszuschöpfen, sollten Unternehmen auf Arbeitgebersiegel setzen, die auf einer repräsentativen Befragung der Beschäftigten beruhen und die Beschäftigten damit aktiv in die Unternehmensentwicklung einbinden. Zudem sollten die Ergebnisse gezieltzur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Unternehmenskultur verwendet werden und die Grundlage der Auszeichnung klar kommuniziert werden“
Arbeitgebersiegel sind nicht nur ein Werkzeug zur Steigerung der Bewerberzahlen, sondern auch ein Mittel zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit. Somit profitieren Arbeitgeber von loyaleren und engagierteren Mitarbeitern. „Dies führt wiederum zu einer geringeren Fluktuationsrate, weniger Krankentagen und insgesamt besseren wirtschaftlichen Ergebnissen“, sagt Scharfenberg und führt weiter aus:
„Jeder Arbeitgeber muss für sich bewerten, welche rechtlichen Risiken er mit der Verwendung eines Arbeitgebersiegels eingehen möchte. Es wird Arbeitgeber geben, die sich selbst auf Grundlage einer Selbstauskunft auszeichnen lassen möchten. Andere Arbeitgeber legen Werte auf eine fundierte Datengrundlage, wie eine repräsentative Mitarbeiterbefragung, und schätzen die Ergebnisse, um diese an die Beschäftigten zu kommunizieren und bei Bedarf Handlungen für die eigene Organisation ableiten zu können. Die Checklisten, welche ich im Rahmen der Studie erstellt habe, sind eine gute Orientierung, um eine sachgerechte Auswahl von Arbeitgebersiegeln vornehmen zu können.
Gerade für kleine- und mittelständische Unternehmen (KMUs) können mit einer Auszeichnung mit einem Arbeitgebersiegel und der entsprechenden Kommunikation über verschiedene Kanäle einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen. Da KMUs oft weniger bekannt sind als große Unternehmen, kann ein Arbeitgebersiegel hier sehr gut helfen, die Sichtbarkeit und Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Weitere Informationen rund um das Thema Arbeitgebersiegel:
- Rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitgebersiegel: Dies sollten Sie unbedingt wissen!
- Top Arbeitgeber
- Familienfreundlicher Arbeitgeber
- Top Ausbildungsbetrieb
- Beispiel: Vergabebedingungen „Top Arbeitgeber“
- Beispiel: Transparente Ergebnisseite
- Studie: Arbeitgebersiegel in Deutschland
- Arbeitgebersiegel: Studie untersuchte die Wirksamkeit