Arbeitgebersiegel bzw. Gütesiegel gewinnen in den letzten Jahren immer weiter an Bedeutung. Für die Verwender eines Arbeitgebersiegels ist es wichtig die rechtlichen Aspekte dieser Thematik zu kennen. Gerade die rechtlichen Grundlagen sind von zentraler Bedeutung um Klagen und Abmahnungen als Verwender eines Arbeitgebersiegels zu vermeiden. In diesem Beitrag werden rechtliche Rahmenbedingungen für die Verwendung von Gütesiegeln anhand von Beispielen dargestellt und Bezug zu Arbeitgebersiegeln genommen. Dieser Beitrag ersetzt im Einzelfall keine Rechtsberatung und dient als Einführung in das Thema Wettbewerbsrecht.
Arbeitgebersiegel: Rechtliche Rahmenbedingungen
Grundsätzlich kann nach deutschem Recht jeder ein Gütesiegel oder Arbeitgebersiegel vergeben, solange keine gesetzlichen Vorschriftenverletzt werden. Die Verleihung eines Arbeitgebersiegels ist rechtlich nicht beschränkt. Rechtliche Beschränkungen sind bei der Verwendung einer solchen Auszeichnung einschlägig. Der wesentliche rechtliche Rahmen für die Nutzung von Auszeichnungen wie beispielsweise Arbeitgebersiegeln in Deutschland ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das UWG schützt Marktteilnehmer vor unlauteren Geschäftspraktiken und gewährleistet einen fairen Wettbewerb. Es enthält Bestimmungen, die sicherstellen, dass eine Irreführung oder Täuschung nicht stattfindet.
Genaue gesetzliche Regelungen speziell für Arbeitgebersiegel existieren nicht. Für die Verwendung von Arbeitgebersiegeln gelten die allgemeinen Reglungen des UWG. Diese werden im Weiteren dargestellt. ZahlreicheUrteile mit Bezug zu Siegeln, Gütesiegeln und Auszeichnungen weisen den Weg zur rechtskonformen Nutzung vonArbeitgebersiegeln. Deshalb werden nachfolgend die Regelungen des UWG und aktuelle Urteile vorgestellt, um den Rechtsrahmen zu erfassen, in welchem eine zulässige Nutzung von Arbeitgebersiegeln möglich ist.
Arbeitgebersiegel und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bildet die rechtliche Grundlage für den Schutz des fairen Wettbewerbs in Deutschland. Es regelt, welche geschäftlichen Handlungen als unlauter und somit rechtswidriganzusehen sind. Insbesondere die Verwendung von Arbeitgebersiegeln kann gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG als unlautere Handlung eingestuft werden, wenn dadurch eine irreführende Handlung vorgenommen wird. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung macht. Dies schließt auch irreführende Angaben über die Auszeichnung eines Unternehmens als Arbeitgeber ein. Eine solche irreführende Handlung muss geeignet sein, den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Verwendung eines Arbeitgebersiegels kann dann als irreführend angesehenwerden, wenn die Vergabe des Siegels nicht auf objektiven und nachvollziehbaren Kriterien basiert oder wenn dasUnternehmen die Kriterien nicht erfüllt, die für die Vergabe des Siegels maßgeblich sind. Wenn ein Arbeitgebersiegel irreführende Informationen vermittelt, etwa über die Arbeitsbedingungen, die Unternehmenskultur oder die Entwicklungsmöglichkeiten, kann dies gemäß § 5 UWG als unlautere Handlung eingestuft werden. Im Ergebnis muss ein Arbeitgebersiegel im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG so bewertet werden, wie es ein durchschnittlicher Verbraucher verstehen würde. Dabei kommt es darauf an, welche Erwartungen der Verbraucher an die Auszeichnung knüpft und ob diese Erwartungen durch die tatsächlichen Verhältnisse im Unternehmen erfüllt werden.
Gerichtliche Entscheidungen zu § 5 UWG haben immer wieder die Bedeutung einer objektiven und transparenten Vergabe von Gütesiegeln im Allgemeinen betont. So wurde beispielsweise in verschiedenen Urteilen klargestellt, dass Siegel, die ohne hinreichende Prüfung oder auf Grundlage unzutreffender Angaben vergeben werden, irreführend und somit unlauter sind. Verstöße gegen § 5 UWG können zu Unterlassungsklagen führen, die von Wettbewerbern, Verbraucherverbänden oder der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V., kurz auchWettbewerbszentrale genannt, eingereicht werden können.
Die Wettbewerbszentrale spielt hierbei eine wichtige Rolle, da sie gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist und somit rechtliche Schritte gegen unlautere Praktiken einleiten kann (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG). Darüber hinaus ist § 3 UWG relevant, der unlautere geschäftliche Handlungen generell verbietet. Eine geschäftliche Handlung ist unlauter, wenn sie geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 UWG). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Arbeitgebersiegel ohne transparente und nachvollziehbare Vergabekriterien vergeben werden oder wenn die Vergabe solcher Siegel lediglich auf finanziellen Beiträgen der ausgezeichneten Unternehmen basiert, ohne eine tatsächliche Überprüfung durchzuführen. Auch andere Paragraphen des UWG, wie § 3a (Rechtsbruch) und § 4 (Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen), können im Kontext von Arbeitgebersiegeln von Bedeutung sein. § 3a UWG verbietet geschäftliche Handlungen, die gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhaltenzu regeln. § 4 UWG enthält Beispiele für unlautere geschäftliche Handlungen, darunter auch aggressive Geschäftspraktiken oder die unberechtigte Nutzung von Gütesiegeln.
Die Verwendung eines Arbeitgebersiegels kann gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG als unlautere Handlung eingestuft werden,wenn dadurch eine irreführende Handlung vorgenommen wird. Diese Handlung muss geeignet sein, Verbraucher zu einer Entscheidung zu bewegen, die sie ohne die Verwendung des Arbeitgebersiegels nicht getroffen hätten. Ein Kernargument für Abmahnungen durch die Wettbewerbszentrale bei Gütesiegeln war, dass bei und der angesprochenen Zielgruppe der Eindruck entstehen würde, die betreffenden Unternehmen seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden. Eine solche Werbebehauptung ist unzutreffend, wenn die für die Verleihung des Siegels herangezogenen Kriterien die Siegelaussage nicht rechtfertigen. Die Wettbewerbszentrale ging in ihren Abmahnungen davon aus, dass Vergleichsergebnisse eine sachkundige Untersuchung voraussetzen. Das bedeutet, dass der Verleihung eine kompetente und an objektiven und aussagekräftigen Kriterien orientierte Prüfung durch eine neutrale Stelle mit entsprechender Kompetenz vorausgegangen sein muss (BGH GRUR 2020, 299 IVD- Gütesiegel; BGH GRUR 2016,1076 LGA-tested). In einem Verfahren beim BGH konnte die Wettbewerbszentrale keine sachgerechten Kriterien erkennen. Vielmehr handelte es sich um selbstverliehene Auszeichnungen, die auf Selbstauskünften basierten. Eine Selbstauskunft ist nach Auffassung der Wettbewerbszentrale nicht sachgerecht und objektiv, da sie rein subjektiv ist.
Wenn ein Verstoß festgestellt wird, schreibt die Wettbewerbszentrale die Verwender oder Herausgeber eines Gütesiegels an. Die Verwender sind gehalten, die Arbeitgebersiegel gesetzeskonform auszugestalten und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Diese Unterlassungserklärung muss geeignet sein, die Wiederholungsgefahr für die Zukunft zu beseitigen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2020, Az. I-20 U 123/17; Bornkamm/Feddersen inKöhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 41. Aufl. 2023, § 5 Rn. 1.167, 1.167a). Außerdem müssen die Verwender die Kosten für die Abmahnung erstatten. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Einhaltung der gesetzlichen Vorgabensicherzustellen und den fairen Wettbewerb zu schützen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2020, Az. I-20 U 123/17; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 41. Aufl. 2023, § 5 Rn. 1.167, 1.167a).
Rechtsprechung in Bezug auf Gütesiegel im Allgemeinen
In Bezug auf Arbeitgebersiegel war keine aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der letzten Jahre zu finden. In Bezug auf Gütesiegel im Allgemeinen jedoch unterschiedliche, wegweisende Urteile. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass Gütesiegel im Allgemeinen und ihre Vergabe regelmäßig rechtlichen Prüfungen unterliegen, insbesondere im Hinblick auf die Irreführungsgefahr gemäß § 5 Abs. 1 UWG. Diese Vorschrift besagt, dass eine geschäftliche Handlung irreführend ist, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung macht. Ein zentrales Argument in der Rechtsprechung ist, dass bei einem Gütesiegel und der angesprochenen Zielgruppe der Eindruck entstehen würde, die betreffenden Unternehmen seien aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung ausgezeichnet worden. Diese Annahme war Gegenstand mehrerer Gerichtsentscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH):
BGH GRUR 2020, 299 – IVD-Gütesiegel: Der BGH stellte klar, dass Gütesiegel nur dann als nicht irreführend gelten, wenn sie auf einer kompetenten und objektiven Prüfung durch eine neutrale Stelle basieren. Diese Entscheidungbetonte, dass die herangezogenen Kriterien transparent und nachvollziehbar sein müssen.
BGH GRUR 2016, 1076 – LGA-tested: Hier wurde ebenfalls vom BGH betont, dass eine sachkundige Untersuchung die Grundlage für die Vergabe von Gütesiegeln sein muss. Die Kriterien müssen objektiv und aussagekräftig sein, um die Auszeichnung zu rechtfertigen.
BGH IZR 203/20, 2022 – Konsumentenbefragung: In diesem Fall wurde festgestellt, dass eine kostenpflichtige Konsumentenbefragung sehr wohl als Datenquelle geeignet ist, um eine Auszeichnung zu vergeben. Bei einer analogen Anwendung auf Arbeitgebersiegel, könnte also eine kostenpflichtige Mitarbeiterbefragung als Datenquelle für eine Auszeichnung zulässig sein.
Das Landgericht München I stellt in seinem Urteil mit dem Aktenzeichen 4 HKO 14545/21 im Jahr 2023 fest, dass das FOCUS-Siegel für Ärzte wettbewerbswidrig ist. Das Gericht hat sich daran gestört, dass das Siegel angeblich aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung vergeben worden sein soll. Dies war aber nicht der Fall. Der angesprochene Verkehrskreis wurde deshalb durch das FOCUS Siegel getäuscht.
Das Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in Bremen betonte in seinem Urteil v. 24.1.2024 mit dem Az. 2 U 60/23 die Notwendigkeit von Transparenz und Klarheit. So müssen alle wesentlichen Informationen über die Prüfkriterien und die Ergebnisse leicht zugänglich bereitgestellt werden. Bei einer Verlinkung muss der Link klar erkennbar sein und dortweitergehende Informationen bereithalten.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte diese Sichtweise und hob hervor, dass die Vergabe von Gütesiegeln nich auf reinen Selbstauskünften der Unternehmen basieren darf. Eine solche Praxis wurde als unzureichend und irreführend angesehen, da sie nicht die notwendige Objektivität und Sachgerechtigkeit gewährleistet (OLG Düsseldorf, Urteil vom07.07.2020, Az. I-20 U 123/17). Eine Selbstauskunft ist nach Auffassung der Wettbewerbszentrale nicht sachgerecht und objektiv, weil es sich um eine rein subjektive Selbstauskunft handelt. Dies ergibt sich aus dem Urteil des OLG Köln (WRP 2011, 362) und des OLG Hamburg (GRUR-RR 2014, 233), die beide feststellten, dass subjektive Einschätzungen nur dann zulässig sind, wenn dies aus der Werbung klar ersichtlich ist.
Die Rechtsprechung verlangt, dass Vergabekriterien transparent und nachvollziehbar sein müssen. Es müssen klare Informationen über die Gewichtung der Kriterien und die Bewertungsverfahren vorliegen, um die Glaubwürdigkeit und Aussagekraft des Siegels zugewährleisten.
WICHTIG: Das Fehlen solcher Informationen kann womöglich dazu führen, dass ein Arbeitgebersiegel als irreführend angesehen wird, weil beim angesprochenen Verkehrskreisen evnetuell falsche Vorstellungen über den Test und seine Ergebnisse hervorgerufen werden (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG).
Der Bundesgerichtshof hat am 4. Juli 2019 (Aktenzeichen: I ZR 161/18) die Anforderung formuliert, dass ein Gütesiegel eine kontinuierliche Überwachung benötigt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte in seinem Urteil vom 3. Juli 2020 die Auffassung der regelmäßigen Nachprüfungspflicht (Aktenzeichen: 20 U 123/17). Es sollte also immer darauf geachtet werden, nur Arbeitgebersiegel zu verwenden, die regelmäßig von fachkundigen Dritten nach definierten Kriterien überprüft werden und nicht nur auf einer Selbstauskunft beruhen.
Arbeitgebersiegel verwenden – Eine Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das UWG einen rechtlichen Rahmen bietet, um irreführende Handlungen durch eine unzulässige Verwendung zu verhindern. Arbeitgeber sollten vor der Auswahl eines Arbeitgebersiegels sicherstellen, dass ein Arbeitgebersiegel auf transparenten und objektiven Kriterien basiert, keine irreführenden Informationen vermittelt, eine umfassende Darstellung der Kriterien und des Verfahrens erfolgt und eine regelmäßige Überprüfung durch einen fachkundigen Dritten durchgeführt wird. Außerdem sollte es sich bei dem Arbeitgebersiegel nicht um eine gekaufte Auszeichnung auf Grundlage einer reinen Selbstauskunft ohne eine echte Überprüfung durch einen fachkundigen Dritten handeln.
Sollten Sie zum Beispiel als „Top Arbeitgeber (DIQP)“ zertifiziert worden sein, erhalten Sie eine individuelle Ergebnisseite. Auf dieser Ergebnisseite wird das Verfahren erläutert und die Vergabebedingungen werden verlinkt. Arbeitgeber sollten auf die passende Ergebniseite verlinken und so die Informationen zum Arbeitgebersiegel und Vergabeverfahren bereitstellen. Die Verlängerung der Zertifizierung als „Top Arbeitgeber (DIQP)“ setzt eine regelmäßige Befragung der Beschäftigten voraus.