Klimaneutral leben bedeutet, dass sich durch das eigene Verhalten beziehungsweise bestimmte Produkte oder Dienstleistungen die Menge an klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre nicht erhöht. Sowohl Unternehmen als auch Privathaushalte können dazu beitragen, die CO2-Emissionen zu senken. Und das ist laut Expert:innen bitter nötig, da der zu hohe Ausstoß an CO2 und anderen Schadstoffen der Hauptgrund für die Erwärmung des Weltklimas ist. Aus diesem Grund hat die EU es sich zum Ziel gemacht, bis 2050 klimaneutral zu werden.
So wird man klimaneutral
Menschen produzieren und konsumieren Produkte und Dienstleistungen, wodurch unweigerlich Treibhausgabe freigesetzt werden. Um die Folgen von Tätigkeiten oder Produkten auf den Klimawandel zu ermitteln, wurde das Konzept des CO2-Fußabdrucks entwickelt. Denn: Nur wer weiß, auf welche Art und Weise der eigene Konsum Einfluss auf das Weltklima nimmt, kann versuchen daran etwas zu ändern.
Meist bewirken bereits kleine Veränderungen etwas. Diese können den Verkehr beziehungsweise das eigene Mobilitätsverhalten, den Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung, den Umgang mit Müll und vieles mehr betreffen.
In den folgenden Bereichen kann jeder dazu beitragen, den eigenen CO2-Fußabdruck zu verbessern:
- Lebensmittel: Um lange Transportwege und den damit einhergehenden CO2-Ausstoß zu vermeiden, sollte man hauptsächlich lokale und saisonale Produkte kaufen. Fleisch und Fisch (insbesondere solcher aus nicht nachhaltiger Fischerei) gehören am besten nur ab und zu oder gar nicht auf den Teller. Um Lebensmittelverschwendung und Abfall zu vermeiden, sollte man nur das kaufen, was man wirklich braucht.
- Bekleidung: Die Modeindustrie produziert nicht nur enorm viel CO2, sondern trägt unter anderem auch durch einen sehr hohen Wasserverbrauch zur Schädigung der Umwelt bei. Statt auf „Fast Fashion“ zu setzen, sollte man daher weniger und dafür nachhaltig hergestellte Kleidung (beispielsweise mit einem Umweltlabel) kaufen.
- Verkehr: Gut ist es beispielsweise, statt immer das Auto öfter das Fahrrad oder ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen. Außerdem sollte man sich überlegen, wie man die Zahl der eigenen Flugreisen reduzieren kann – zum Beispiel indem man auch mal mit dem Zug in den Urlaub fährt.
- Energie: Um Energie zu sparen, hilft es schon, die Heizung nicht immer voll aufzudrehen, kürzer zu duschen und Elektrogeräte wie den Fernseher nicht ständig im Standby-Modus laufen zu lassen. Eine große Energieersparnis bringen auch energieeffiziente Geräte mit dem Energie-Effizienz-Label A. Viele Menschen vernachlässigen außerdem ihren „digitalen Fußbadruck“. Dieser vergrößert sich zum Beispiel dann, wenn man in einer Cloud unnötig viele Daten speichert.
So berechnet man einen CO2-Fußabdruck
Online finden Sie zahlreiche Angebote, die Ihnen dabei helfen, Ihren persönlichen CO2-Fußabdruck besser einschätzen zu können. Meist ist dafür ein Fragebogen auszufüllen, der in Bereiche wie Wohnen, Mobilität und Konsum eingeteilt ist. Das Umweltbundesamt sowie einige gemeinnützige Organisationen stellen einen solchen CO2-Rechner auf ihren Webseiten zur Verfügung. Nach der Ermittlung des individuellen CO2-Ausstoßes mit dem Klimarechner erhält man häufig noch wertvolle Tipps, wie man den eigenen CO2-Fußabdruck reduzieren kann.
Klimaneutrales Unternehmen
Unternehmen, die sich das Ziel der Klimaneutralität auf die Fahnen geschrieben haben, müssen zunächst ihren Ist-Zustand ermitteln und feststellen, wo im Unternehmen wie viele Schadstoffe produziert werden. Im Grunde wird also der aktuelle CO2-Fußabdruck des Unternehmens berechnet. Dabei hat sich weltweit die Methode durchgesetzt, drei Wirtschaftsbereiche separat voneinander zu betrachten:
- Emissionen, die direkt im Unternehmen entstehen, zum Beispiel CO2-Ausstoß der Geschäftsfahrzeuge oder durch chemische Prozesse in der Produktion entstehende Emissionen
- Emissionen, die durch die Energieversorgung – also außerhalb des Unternehmens – entstehen
- Emissionen, die durch die Unternehmenstätigkeit entstehen, zum Beispiel durch die Lieferketten
Auf Basis dieser Analyse werden Klimaschutzziele definiert und Einsparpotenziale identifiziert. Im nächsten Schritt geht es dann darum, für das Unternehmen geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um die vermeidbaren Treibhausgas-Emissionen zu senken. Dies kann je nach Unternehmen und Branche ganz unterschiedliche Bereiche betreffen.
Beispielsweise können Geschäftsreisen durch Videokonferenzen und Flugreisen durch den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ersetzt werden. Darüber hinaus ist es möglich, die Energieversorgung auf Strom aus erneuerbaren Quellen umzustellen. Hinsichtlich der Klimafreundlichkeit macht es nämlich einen großen Unterschied, ob Strom aus Braunkohle oder Ökostrom zum Einsatz kommt. Während Braunkohle-Strom viel CO2 freisetzt, wird grüner Strom aus Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft äußerst emissionsarm gewonnen.
Abschließend geht es um die Kompensation der Emissionen, die sich nicht vermeiden lassen. Diese können ausgeglichen werden – und zwar indem das Unternehmen hochwertige CO2-Minderungszertifikate erwirbt. Dabei haben Unternehmen die Wahl zwischen Klimaschutzprojekten, die die gesamten von ihnen verursachten Emissionen kompensieren, und der Kompensation einzelner Aktivitäten. Letzteres kann zum Beispiel durch die Klimaneutralisierung des unternehmensinternen Fuhrparks vonstatten gehen.
In der Praxis sieht das beispielsweise so aus: Ein Unternehmen, das pro Jahr 5.000 Tonnen Kohlendioxid ausstößt, wendet sich an einen Anbieter von Kompensationen. Dieser rechnet aus, wie viel Geld das Unternehmen für Klimaschutzprojekte bereitstellen muss, um diese CO2-Menge zu kompensieren. Bei der Berechnung kommen internationale Standards zum Einsatz. Bei den mit dem Geld geförderten Projekten handelt es sich beispielsweise um Aufforstungsprojekte oder Bauprojekte für Wind- und Wasserkraftwerke. Durch die Investition werden CO2-Emissionen vermieden und die durch das Unternehmen verursachten Emissionen werden kompensiert.
Viele Anbieter von Kompensationen verlangen von Unternehmen, nicht nur CO2-Emissionen kompensieren zu wollen, sondern auch weitere Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen. So nehmen einige Anbieter nur Unternehmen an, die sich bemühen, ausgeglichen zu wirtschaften und dafür beispielsweise neue Technologien entwickeln und zur Marktreife bringen. Die Vermeidung von CO2-Emissionen steht also immer an erster Stelle, während die Kompensation nur der letzte Weg sein sollte.
Als angesehenster Zertifizierungsstandard für die Kompensation von Emissionen gilt der sogenannte Gold-Standard. Er stellt vergleichsweise strenge Anforderungen an Unternehmen und ist deshalb besonders effektiv im Kampf gegen den Klimawandel. Dafür sprechen zum Beispiel auch Kooperationen des Gold-Standards mit bekannten Naturschutzorganisationen wie dem WWF.
Nach den strengen Kriterien des Gold-Standards müssen die kompensierenden Unternehmen beispielsweise Projekte fördern, die im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien tätig sind. Außerdem berücksichtigt der Gold-Standard soziale Gesichtspunkte und legt Wert darauf, dass die lokale Bevölkerung an den unterstützten Umweltschutzprojekten beteiligt ist.
Die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima hat bereits über 1.000 Unterstützer:innen aus Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft welche gemeinsam das Ziel der Klimaneutralität anstreben und dafür deren Treibhausgasemissionen vermeiden, reduzieren und kompensieren. Im Rahmen der Allianz für Entwicklung und Klima sind die folgenden Standards zugelassen:
- Clean Development Mechanism (CDM)
- Verified Carbon Standard (VCS)
- Gold Standard
- Plan Vivo
- SD VISta
- Climate Community & Biodiversity Standard (CCBS)
- Social Carbon
- American Carbon Registry (ACR)
Die Gründerin der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). UM seine Klimaneutralität als Unternehmen auch nachzuweisen bieten sich verschiedene Zertifizierungen für Klimaneutralität an. Dabei werden zum Beispiel bei der Zertifizierung als „Klimaneutrales Unternehmen (DIQP)“ die ermittelten Angaben stichprobenartige und die durchgeführt CO2 Kompensation anhand von Dokumenten geprüft.
Klimaneutrales Produkt
Um als klimaneutrales Produkt zu gelten, müssen die durch das Produkt verursachten CO2-Emissionen durch ein zertifiziertes Klimaschutzprojekt ausgeglichen werden. Schließlich entstehen schon bei der Gewinnung der Rohstoffe – beispielsweise der Baumwolle für ein T-Shirt – Treibhausgase. Nicht anders sieht es bei der Lagerung und beim Vertrieb der Waren aus.
Um ein Produkt als klimaneutral verkaufen zu können, müssen die entstandenen Emissionen auf null gesenkt werden. Hersteller haben dafür die folgenden Möglichkeiten:
– Herstellung eines klimaneutralen Produkts: Es ist nicht unmöglich, die eigenen Prozesse so anzupassen, dass ein (nahezu) klimaneutrales Produkt entsteht. So müsste ein Kleidungssteller nachhaltige Baumwolle verwenden und den Betrieb der Produktionsanlagen auf erneuerbare Energien umstellen. Im Vertrieb kann man CO2 einsparen, indem man unter anderem Strecken minimiert und auf klimaschädliches Verpackungsmaterial verzichtet. Gänzlich vermeiden lassen sich CO2-Emissionen aber auch nach Ergreifen solcher Maßnahmen nicht. Um klimaneutral zu sein, müsste man die restlichen Emissionen also kompensieren.
– Kompensation der durch das Produkt verursachten CO2-Emissionen: Diese Option, Klimaneutralität zu erreichen, lagert das Problem aus. Statt die Treibhausgase am Ort der Entstehung zu reduzieren, werden sie in gleicher Menge kompensiert. Der T-Shirt-Hersteller würde also Geld an eine andere Organisation bezahlen. Dafür erhält er ein Zertifikat, das besagt, dass die Menge an entstandenen Emissionen wieder aus der Atmosphäre entnommen wird. Auf welche Weise die Kompensation erfolgt, hängt von dem jeweiligen Unternehmen ab.
Bei beiden Varianten – der Prozessoptimierung und der CO2-Kompensation – gelangt letztendlich weniger CO2 in die Atmosphäre. Dementsprechend dürfte sich das produzierte T-Shirt klimaneutral nennen und auch so vermarktet werden. Egal, welche Variante die produzierenden Unternehmen wählen, ist es aber trotzdem nicht.
Auch hier gibt es für Hersteller die Möglichkeit einer Zertifizierung, nämlich als „Klimaneutrales Produkt„.
Fazit: Klimaneutral
Jedes Unternehmen und jeder Mensch verursacht unweigerlich Treibhausgas-Emissionen. Das trifft auf Industrieunternehmen mit ihrem Energie- und Materialeinsatz in Produktion und Verwaltung genauso zu wie auf Privathaushalte. So spielt es nicht nur eine Rolle, wie wir einkaufen und welche Lebensmittel wir konsumieren, sondern auch wie wir mit unseren Elektrogeräten umgehen. In großen Unternehmen wiederum sammeln sich die Emissionen schnell auf mehrere Hundert oder Tausend Tonnen CO2 pro Jahr an.
In der Praxis lässt sich die Freisetzung klimaaktiver Gase durch energieeffizienzsteigernde Maßnahmen zwar senken, aber nicht gänzlich verhindern. Um trotzdem klimaneutral zu werden, bietet es sich an, die drei Schritte „vermeiden – vermindern – kompensieren“ zu befolgen. Dabei sollten die Vermeidung und die Verminderung der Emissionen – beispielsweise durch den Wechsel zu Ökostrom oder E-Fahrzeugen – stets die höchste Priorität haben. Nur die Emissionen, die sich absolut nicht vermeiden lassen, können am Ende durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten weltweit kompensiert werden.