Der Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu, während sich parallel die Anforderungen an moderne Arbeitsplätze grundlegend verändern. Die Herausforderung für Unternehmen liegt zunehmend darin, nicht nur qualifiziertes Personal zu gewinnen, sondern dieses auch langfristig zu halten. Klassische Benefits verlieren dabei an Wirkung – stattdessen sind ganzheitliche Konzepte gefragt, die die Bedürfnisse verschiedener Generationen ernst nehmen. Der HR-Report von Factorial „HR-Realtalk: Gehalt, Sinn oder Flexibilität – Was zählt wirklich?“ bietet hierzu fundierte Einblicke.
Vergütung bleibt essenziell – doch allein nicht entscheidend
Finanzielle Sicherheit stellt weiterhin einen der zentralen Faktoren für berufliche Zufriedenheit dar. Rund 29 Prozent der befragten Erwerbstätigen stuften eine angemessene Entlohnung als höchste Priorität ein. Insbesondere die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen legt mit 34 Prozent überdurchschnittlich hohen Wert auf eine verlässliche Bezahlung – noch vor Aspekten wie Arbeitszeitgestaltung oder Sinnstiftung.
Implikationen für die Personalstrategie:
- Es empfiehlt sich, nachvollziehbare Vergütungsmodelle zu etablieren und transparent zu kommunizieren.
- Junge Beschäftigte wünschen sich Entwicklungsperspektiven ebenso wie finanzielle Stabilität – beides sollte bei der Gehaltsstruktur berücksichtigt werden.
- Allerdings reicht die Bezahlung allein nicht aus: Eine belastende Arbeitsatmosphäre wird von Mitarbeitenden ähnlich häufig als Kündigungsgrund genannt wie unfaire Entlohnung. Investitionen in das Arbeitsklima sind daher ebenso zentral.
Arbeitsbelastung und Kommunikationsdefizite als Unzufriedenheitstreiber
Knapp 40 Prozent der Teilnehmenden nannten hohe Arbeitslast als hauptsächliche Belastung im Berufsalltag. Unklare Kommunikation (32 Prozent) und übermäßige Überstunden (30 Prozent) folgen auf den weiteren Plätzen der häufigsten Stressursachen.
Konkrete Maßnahmen:
- Eine realistische Aufgabenverteilung in Kombination mit regelmäßiger Ressourcenplanung ist essenziell.
- Offene Kommunikationskultur und strukturierte Feedbackprozesse können dabei helfen, Konflikte frühzeitig zu identifizieren.
- Stresspräventionsangebote – etwa durch Seminare oder flexible Regenerationsmöglichkeiten – wirken positiv auf Gesundheit und Bindung.
Ein gesundes und respektvolles Miteinander trägt nicht nur zur Leistungsfähigkeit bei, sondern fördert auch Kreativität und Identifikation mit dem Unternehmen.
Flexibilisierung als kulturelle Aufgabe – nicht nur als Option
Flexible Arbeitsbedingungen gelten zwar als wichtiger Bestandteil moderner Unternehmenskultur, doch nur 11 Prozent der Befragten bezeichnen sie als den ausschlaggebenden Faktor bei der Arbeitgeberwahl. Interessante Unterschiede zeigen sich dabei nach Geschlecht: Rund 28 Prozent der Männer befürworten eine Vier-Tage-Woche, während 24 Prozent der Frauen ortsunabhängiges Arbeiten bevorzugen.
Handlungsempfehlung:
- Hybride Modelle, die sowohl mobiles Arbeiten als auch Präsenzphasen integrieren, bieten einen tragfähigen Kompromiss.
- Einheitliche Regeln schaffen Orientierung und minimieren Konflikte.
- Insbesondere flexible Zeitgestaltung gewinnt an Bedeutung: Über 30 Prozent der Befragten wünschen sich frei einteilbare Arbeitszeiten.
Flexibilität sollte nicht als Zusatzangebot, sondern als strukturelles Element der Organisation begriffen werden – mit positiven Auswirkungen auf Engagement und Produktivität.
Werteorientierung als Fundament für Bindung
Ein relevanter Anteil der Mitarbeitenden wünscht sich ein wertebasiertes Arbeitsumfeld. Rund 40 Prozent legen eigenen Angaben zufolge Wert auf eine klare ethische Haltung ihres Arbeitgebers. Besonders Themen wie Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Diversität gewinnen dabei an Bedeutung.
Konsequenzen für Unternehmen:
- Leitbilder und Werte sollten klar definiert und im Arbeitsalltag verankert sein.
- Programme zur Förderung von Diversität und Chancengleichheit wirken nur dann glaubwürdig, wenn sie konsequent umgesetzt werden.
- Authentizität ist entscheidend: Wenn gelebte Praxis und kommunizierte Werte auseinanderklaffen, entsteht Vertrauensverlust.
Eine konsistente Unternehmenskultur kann sich somit als entscheidender Wettbewerbsvorteil erweisen.
Zusatzangebote mit konkretem Nutzen bevorzugt
Standardisierte Goodies wie Team-Events oder Merchandising verlieren an Bedeutung. Gefragt sind vielmehr Leistungen mit realem Mehrwert: 34 Prozent der Befragten wünschen sich variable Vergütungsbestandteile wie Boni oder Beteiligungen, rund 26 Prozent nennen die betriebliche Altersvorsorge als bevorzugten Benefit.
Relevante Ansätze:
- Finanzielle Zusatzleistungen sollten als strategisches Instrument genutzt und zielgruppengerecht ausgestaltet werden.
- Bildungsangebote, insbesondere in Form von Weiterbildungskostenübernahme, sind für fast ein Viertel der Generation Z ein entscheidender Faktor bei der Arbeitgeberwahl.
- Entwicklungsmöglichkeiten durch individuelle Förderprogramme zahlen auf langfristige Bindung und Arbeitgeberattraktivität ein.
Fazit: Strategische Mitarbeiterbindung braucht Vielfalt und Tiefe
Die Untersuchung belegt: Nachhaltige Bindung gelingt nur durch einen ganzheitlichen Ansatz, der finanzielle, kulturelle und persönliche Dimensionen berücksichtigt. Neben einer marktgerechten Entlohnung sind ein gutes Betriebsklima, flexible Rahmenbedingungen und werteorientiertes Handeln Schlüsselfaktoren für moderne HR-Strategien.
Die vollständige Studie „HR-Realtalk: Gehalt, Sinn oder Flexibilität – Was zählt wirklich?“ bietet weiterführende Einblicke und praxisnahe Empfehlungen für zukunftsfähige Personalmaßnahmen und zeigt, wie Arbeitgeber deren Arbeitgeberattraktivität optimieren können, durch eine Anpassung an aktuelle Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten.