Was bedeutet New Work?

New Work – das ist inzwischen mehr als ein reines Buzzword. Diese Form der Arbeitsgestaltung wird die Zukunft für die meisten Unternehmen darstellen. Im Zuge der Corona-Maßnahmen der vergangenen Jahre ist New Work in vielen Branchen bereits erfolgreich in der Gegenwart angekommen. Es handelt sich dabei allerdings um mehr als die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Arbeitsorte.

Das Konzept umfasst daneben eine Reihe von Veränderungen, die auf eine Flexibilisierung der Arbeitsorganisation an sich mit Projektarbeit und der Auflösung von Hierarchien abzielen. Das kann die Einstellung der Beschäftigten zur Arbeit nachhaltig verändern, indem unter Ausnutzung der Talente des Einzelnen die Erfolge des Teams gestärkt werden und somit auch der Gewinn des Unternehmens steigt.

Start-ups leben häufig von Beginn an alle Aspekte von New Work und sind somit ein weiterer bedeutender Faktor für die Verbreitung der neuen Arbeitswelt.

Auch die Digitalisierung mit neuen technischen Vernetzungsmöglichkeiten treibt den Wandel unserer Arbeitswelt voran.

Nicht zuletzt soll New Work der Selbststimmung und der Gesunderhaltung der Mitarbeiter zugutekommen. Das sind wertvolle und potente Argumente für das Corporate Branding, worüber qualifiziertes Personal angelockt werden kann.

Woher kommt der Begriff New Work?

Interessanterweise ist New Work keine Idee aus den letzten Jahrzehnten. Das Konzept wurde schon in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt. Im Fokus des Sozialphilosophen Frithjof Bergmann stand dabei der Mensch und seine Zufriedenheit mit der Arbeit in der jeweiligen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, in der er lebt. Untersuchungen hatten gezeigt, dass sowohl im Kapitalismus als auch im Sozialismus viele eher unglücklich in ihrem Job waren.

Bergmann entwickelte daraufhin seine New-Work-Theorie. Die Menschen sollten ihre Arbeit als sinnstiftend erleben. Sie sollte Freiheit, Entwicklungsmöglichkeiten und Selbstverantwortung beinhalten. Aber auch das Thema „soziale Verantwortung“ lag ihm im Zusammenhang mit der Arbeit am Herzen.

Eine Umsetzung der Ideen erfolgte jedoch vor allem im neuen Jahrtausend mit viel Rückenwind in den letzten Jahren.

Warum eigentlich New Work?

Start-ups nutzen New Work, um erfolgreich Mitarbeiter anzuwerben und zu halten und gleichzeitig gewinnorientiert zu wirtschaften.

Die Arbeitsbedingungen werden so gestaltet, dass ein Arbeiten in angenehmer Atmosphäre mit Raum für Kreativität und der Übernahme von Verantwortung im Kontext flacher Hierarchien ermöglicht wird. Daneben wird auf eine gute Work-Life-Balance Wert gelegt, die vor allem den jüngeren Generationen ein zentrales Anliegen ist.

Ein Effekt der so gearteten Ausgestaltung der Arbeit ist ein gesundes Team, das sich stets auf Augenhöhe begegnet. Der Krankenstand ist vergleichsweise niedrig. Die motivierten Mitarbeiter können ihre Kreativität und Produktivität voll ausschöpfen, sodass unter dem Strich der Gewinn des Unternehmens optimiert wird.

In New Work liegt auch für gestandene Unternehmen der Schlüssel, um künftig erfolgreich zu arbeiten und ihre Chancen bei der Anwerbung der raren Fachkräfte zu erhöhen.

Im Rahmen von Digitalisierung und Globalisierung ändern sich zudem die Arbeitsumstände und -inhalte für die Mitarbeiter nachhaltig. Das Spektrum der Tätigkeiten wandelt sich, wenn künstliche Intelligenz (KI) zunehmend die Routineaufgaben übernimmt.

Was sind Instrumente des New Work

Um etwas konkreter zu werden: Was macht eigentlich genau New Work aus? Welche Maßnahmen sind möglich und erforderlich?

Örtliche Flexibilität der Arbeit:

Ein hoher Bevölkerungsanteil hat in den vergangenen drei Jahren zumindest zeitweise am heimischen Schreibtisch gearbeitet und die Vor- und Nachteile kennengelernt. Die aktuelle Entwicklung führt vielerorts wieder zurück in das Büro, häufig jedoch mit der Option des hybriden Arbeitens. So gelingt es, die Vor- und Nachteile beider Arbeitsorte auszugleichen.

Im Rahmen des mobilen Arbeitens gibt es daneben die Option, unterwegs oder an einem Urlaubsort zu arbeiten (Staycation). Manches Unternehmen überlässt es den Mitarbeitern gänzlich, wo sie ihre Arbeit erledigen. Letztlich zählt das Outcome.

Zeitliche Flexibilität der Arbeit:

Insbesondere Vertrauensarbeitszeitmodelle erfreuen sich bei den Mitarbeitern großer Beliebtheit, aber auch Gleitzeitmodelle können die Arbeitsbedingungen verbessern. Sie geben Freiheit und ermöglichen ein familienfreundliches Arbeiten.

Projektbezogene Organisationsformen:

Die bisherige Organisation in Abteilungen wird weitgehend aufgegeben zugunsten der Arbeit in Projekten. Dabei können die einzelnen Mitarbeiter parallel in verschiedenen Projekten aktiv sein. Einzelbüros haben daher weitgehend ausgedient. Große offene Bürolandschaften stellen eine gute Grundlage für kreative Projektarbeit dar. In einer ausgeklügelten Anordnung gibt es nebeneinander Orte für Networking, konzentriertes Arbeiten, Team-Meetings sowie für kurze Erholungspausen.

Auch ein fester Schreibtisch ist kein Bestandteil der modernen Arbeitswelt. Das ist schon dem Umstand geschuldet, dass nicht alle Mitarbeiter täglich vor Ort arbeiten.

Agile Organisationsformen:

Diese Maßnahme bezeichnet die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens und seiner Arbeitsabläufe. Oftmals können heutzutage nur mit einer solchen Flexibilität Unternehmensgewinne gesichert werden.

Agile Organisationsformen können in der Umsetzung allerdings auch Schwierigkeiten bereiten, da sie gegebenenfalls nicht der Unternehmenskultur und -strategie entsprechen. In vielen Unternehmen ist dieses Instrument arbeitsorganisatorisch, prozesstechnisch oder aufgrund des Geschäftsmodells schwer bis nicht anwendbar.

Sinnstiftung durch die Arbeit:

Infolge der verbesserten Möglichkeiten des Einzelnen, den Arbeitsprozess selbst zu gestalten und eigene Ideen einzubringen, wird die Arbeit als sinnstiftender erlebt. Das ist wichtig für die Motivation der Mitarbeiter, durch ihre Arbeit das Unternehmen voranzubringen.

Daneben bilden die Sinnhaftigkeit sowie die allgemeine Arbeitszufriedenheit die Grundlage für eine höhere Lebenszufriedenheit mit der Folge langfristiger körperlicher und geistiger Gesundheit.

Veränderte Führungsstrukturen und neue Machtverteilung:

Die Führung wird zum Teil an die Mitarbeiter abgegeben, indem jeder für seine Tätigkeit die Verantwortung übernimmt. Jeder organisiert seine Arbeit selbst mit dem Ziel, zu den Projektmeetings und -deadlines jeweils Ergebnisse präsentieren zu können.

Die neue Führung liegt vor allem in der Koordination und Strukturierung der Projekte sowie in einem erfolgreichen Coaching der Mitarbeiter.

Braucht New Work auch ein New Pay?

New Work – New Pay? Wenn alle Mitarbeiter nunmehr auf Augenhöhe zusammenarbeiten und eigenverantwortlich tätig sind, stellt sich bisweilen die Frage, ob die hergebrachten Gehaltsmodelle noch zeitgemäß sind.

Neben der Tatsache, dass Führungskräfte bisher in der Regel deutlich mehr verdienten, beeinflussten vor allem das Verhandlungsgeschick des Mitarbeiters und die Dauer der Betriebszugehörigkeit die Höhe des Gehaltes. All das hat oft wenig mit der realen Leistung des Einzelnen zu tun.

Neue Konzepte beinhalten beispielsweise eine Selbsteinschätzung des Mitarbeiters. Er legt selbst beziehungsweise in Absprache mit dem Team fest, wie viel er verdient. Dieses Konzept geht selbstverständlich mit einer hohen Transparenz einher. Jeder weiß, was der andere im Team verdient.

Die Idee stößt an ihre Grenzen, wenn einzelne Mitarbeiter sie nicht mittragen. Die aktuell gültigen Gesetze stehen dann einer vollständigen Transparenz im Wege – ein schwieriges Unterfangen mit einer Menge Konfliktpotenzial.

Andere Lösungen beinhalten Bonuszahlungen, die alternativ auch als Sachleistungen erfolgen können. Zusätzliche Freizeitstunden sind ebenso ein beliebter Bonus.

New Work vs. Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeiterfassung, die laut aktueller Gesetzeslage gefordert ist, und die Arbeitszeitkonzepte des New Workwidersprechen sich. Einerseits lässt sich mit der Arbeitszeiterfassung die tatsächliche Anwesenheit am Arbeitsort belegen. Andererseits sagt dies nichts über die erbrachte Arbeitsleistung in diesem Zeitraum aus.

Im Homeoffice entzieht sich der Mitarbeiter ohnehin einer lückenlosen Überwachung, die jedoch auch nicht im Sinne des New Work wäre. Arbeits- und Freizeit fließen hier ineinander und sind schwer voneinander abzugrenzen. Oft sind die Mitarbeiter sogar nach Feierabend erreichbar, was durchaus ein kritischer Punkt bezüglich New Work ist.

Die Lösung können Apps zur Erfassung der Arbeitszeit darstellen, was ein Vertrauen in die wahrheitsgemäße Erfassung voraussetzt. Wichtiger erscheinen im Sinne des New Work allerdings die Arbeitsergebnisse. Vor diesem Hintergrund wirken die geltenden Regelungen zur Arbeitszeiterfassung wenig zeitgemäß.

Was bedeutet New Work für die Beschäftigten?

New Work steht für Veränderung. Damit kann der eine besser, der andere schlechter umgehen. Diese Veränderung findet nicht nur während der Einführung statt, sondern das gesamte Konzept fußt auf einer ständigen Anpassung der Arbeitsorganisation und der Arbeit in wechselnden Projekten. Den Mitarbeitern wird also eine enorme Flexibilitätabverlangt.

Auf der anderen Seite gewinnen die Beschäftigten an Freiheit und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben kann deutlich verbessert werden.

Überdies wird die von Bergmann geforderte Sinnhaftigkeit der Arbeit verwirklicht und trägt dazu bei, dass die Mitarbeiter körperlich und geistig gesund bleiben und ihre volle Leistungsfähigkeit für das Unternehmen einsetzen.

Es muss allerdings damit gerechnet werden, dass die unerlässlichen Veränderungen von manchen Mitarbeitern als nicht tragbar empfunden werden und diese eventuell das Unternehmen verlassen. Eine gewisse Behutsamkeit in der Umsetzung und ein umfassendes Mitspracherecht können dem entgegenwirken.

Vorteile und Nachteile für Unternehmen

Vorteile: Optimal umgesetztes New Work führt zu einer Sicherung der unternehmerischen Gewinne und mehr Kundenzufriedenheit. Eine gute Platzierung am Markt wird durch eine rasche Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten ermöglicht und sichergestellt.

Zufriedene und wertgeschätzte Mitarbeiter sind produktiver und seltener krank. Im Idealfall verbinden sie sich im Rahmen der Corporate Identity mit dem Unternehmen. Es kann somit relevant für das Employer Branding sein.

Nachteile: Bei zu forscher Umsetzung der New-Work-Instrumente können Kündigungswellen resultieren. Für Führungskräfte kann es mitunter schwierig werden, Projekte und Mitarbeiter zu überblicken und erfolgreich zu steuern.

Zwischen Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitsmöglichkeiten und denen, an deren Arbeitsplatz dies nicht umsetzbar ist, können Spannungen durch Neid auftreten. Gleiches gilt für Abteilungen mit und ohne agile Organisationsformen.

Vorteile und Nachteile für Beschäftigte

Vorteile: Die Beschäftigten können ihren Arbeitsort frei wählen und sich die Arbeitszeit frei einteilen. Das leistet einen wesentlichen Beitrag zu einer guten Work-Life-Balance und kann zudem eine Alternative zu einer Teilzeittätigkeit sein.

New Work kann dazu führen, dass sich die Mitarbeiter stärker wertgeschätzt fühlen, etwa wenn Bürolandschaften geschmackvoll und ergonomisch gestaltet werden oder kostenfreie Getränke und Snacks bereitstehen.

Viel wichtiger ist jedoch das eigenverantwortliche Arbeiten jedes einzelnen Mitarbeiters. Damit gesteht man ihm das erforderliche Wissen und Können als Basis tragfähiger Entscheidungen im Arbeitsalltag zu und gestattet ihm ein kreatives Arbeiten.

Nachteile: Zu viel Eigenverantwortung kann manchem über den Kopf wachsen. Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen sind und es gewohnt sind, nach Ansage zu arbeiten, könnten zumindest zu Beginn damit Schwierigkeiten haben. Auch die parallele Arbeit an verschiedenen Projekten kann Spannungen und ein Gefühl der Überforderung verursachen.

Die Agilität des Unternehmens erfordert von allen Mitarbeitern die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Anpassung.

Eine kurze Anleitung: So setzen Sie New Work im eigenen Unternehmen um

Wenn Sie New Work in Ihrem Unternehmen einführen wollen, schütten Sie das Kind nicht mit dem Bade aus! Behutsamkeit und eine gute Planung sind gefragt. Im Folgenden seien drei wichtige Punkte beschrieben, die unbedingt beherzigt werden sollten, wenn die Transformation gelingen soll:

  1. Führen Sie die geplanten Veränderungen mit Bedacht und schrittweise ein – am besten zuerst in einer Abteilung und nicht alle Maßnahmen gleichzeitig. Gestehen Sie den Beschäftigten eine Gewöhnungszeit zu.
  2. Befragen Sie regelmäßig die Beschäftigten im Rahmen einer unabhängigen Mitarbeiterbefragung
  3. Kommunikation mit allen Beteiligten ist eine wesentliche Basis für das Gelingen. Die betroffenen Mitarbeiter sollten gehört und mit ihren Sorgen ernst genommen werden. Alle geplanten Maßnahmen sollten transparent und detailliert dargelegt werden.
  4. Eine besondere Rolle kommt den Führungskräften zu, denn ihr Tätigkeitsprofil ändert sich ebenfalls umfassend. Da die Verantwortung nun stärker beim einzelnen Mitarbeiter liegt, bekommt die Führungstätigkeit eher den Charakter eines Coachings. Von besonderer Wichtigkeit ist aber auch die Koordination, damit das Unterfangen New Work nicht im Chaos mündet.

Aktueller Stand

Eine empirische Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE und Hays hat 2021 den Ist-Zustand zum Thema New Work erhoben. Befragt wurden dazu mehr als 1000 betriebliche Entscheider verschiedener Ebenen aus Unternehmen im D-A-CH-Raum.

Kaum überraschend wurde das New-Work-Instrument „Zeitliche Flexibilisierung“ am häufigsten erfolgreich implementiert, gefolgt von „Projektbasierten Organisationsformen“ und „Sinnstiftung durch Arbeit“.

Mehr als die Hälfte der Befragten stimmte außerdem zu, dass in ihrem Unternehmen die „Örtliche Flexibilisierung“ und „Agile Organisationsformen“ inzwischen gut verwirklicht wurden.

Mehr Schwierigkeiten scheinen die New-Work-Instrumente „Veränderte Führungsstrukturen“ und „Neue Machtverteilung“ zu bereiten. Das wird verständlich vor dem Hintergrund, dass die aktuellen Führungskräfte in der Regel unter klaren Hierarchien ausgebildet wurden und gearbeitet haben.

Hier gibt es das derzeit größte Optimierungspotenzial in den Unternehmen, die bereits New Work leben. Für alle Unternehmen, die im Begriff sind, ihre Arbeitswelt neu zu gestalten, kann dies als Fingerzeig dienen, die Führungskräfte nicht sich selbst zu überlassen, sondern sie zu schulen und auf die Veränderungen vorzubereiten.

Schließlich kommt ihnen trotz künftigen Machtverlustes mit der Organisation und Koordination eine Schlüsselrolle für den Unternehmenserfolg zu. Ihnen obliegt es, trotz der eigenverantwortlichen Arbeitsweise aller Mitarbeiter chaotische Zustände zu verhindern.

Betrachtet man die einzelnen Sektoren, sind Dienstleistungen und Industrie dem öffentlichen Sektor in der Umsetzung von New Work voraus. Das betrifft insbesondere die Veränderung der Führungsstrukturen. Mittlere Unternehmen mit 1000 bis 5000 Mitarbeitern sind am engagiertesten in der Einführung von New Work. Auf die Position bezogen, sind es die Führungskräfte der HR-Abteilungen, die die Transition vorantreiben.